Pro & Contra
zum neuen Selbstbestimmungsgesetz (SBG)
Der kritische Blick...
Über die Frauen- und Kindeswürde im Kontext des Selbstbestimmungsgesetzes
Der Bundestag hat am 12.04.2024 das Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Dieser Tag sollte meiner Ansicht nach als Volkstrauertag in die deutsche Geschichte eingehen. Zu betrauern ist der Tod des Frauen- und Kinderschutzes. Trotz zahlreicher Warnungen aus u.a. Wissenschaft, Medizin und Justiz wird einer moralisierend auftretenden queeren Minderheit der rote Teppich ausgerollt. Das Gesetz tritt am 01.11.2024 in Kraft. Doch schon seit 01. Juli können die Anträge auf Änderung des Personenstandes gestellt werden. Jeder Mann kann sich dann über den reinen Sprechakt zur Frau erklären und jede Frau zum Mann. Eltern können ihre Tochter von Geburt an als Junge eintragen lassen und ihren Sohn als Mädchen. Ohne Voraussetzungen. Das dritte „Geschlecht“ (divers), das ursprünglich einmal für biologisch Intersexuelle eingeführt worden war, steht nun allen Jugendlichen ab 14 Jahren zur Verfügung. Ohne ärztliches Attest, ohne medizinische Gutachten. Sind die Eltern nicht einverstanden, ersetzt ein Familiengericht die Zustimmung. Jede/r kann „divers“ sein. Oder gar nichts, denn die vierte Option für den Personenstand ist: keiner bzw. „kein Geschlecht“.
Die Identifikation mit dem Geschlecht als Gefühl oder Befindlichkeit gesetzlich zu verankern und so die Rechte einer kleinen Trans-Minderheit als höherwertig gegen-über biologischen Frauen und Männern einzustufen, schafft Abgrenzungsprobleme und stellt sowohl das deutsche als auch das EU-Recht vor eine Zerreißprobe. Wenn Menschen ohne jeden Bezug zu ihrer biologischen Geschlechtsrealität sich frei und beliebig als Mann oder Frau „lesen“ und auf einer fakten- und evidenzlosen Basis auch noch Rechte erstreiten wollen, wird das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz samt dessen Ziel, Frauenrechte zu stärken, ad absurdum geführt. Dort ist die Gleichstellung von Mann und Frau festgeschrieben, welche zudem auch an eine aktive Umsetzungspflicht gebunden ist. Das nationale Verfassungsrecht und EU-Recht basieren auf einem binären Geschlechtsverständnis.
Mit dem nun versubjektivierten Geschlechtsbegriff bzw. der Neu-Deutung und Auflösung des Frauenbegriffes (z.B. in FLINTA werden die Frauen subsumiert und unsichtbar gemacht) finden die Persönlichkeitsrechte von biologischen Frauen keine Berücksichtigung mehr. Wenn z.B. ein als Frau selbstdefinierter Mann mit Bart und Penis die Dusche oder Umkleidekabine von Frauen betritt, ist der Schutz für Frauen nicht mehr gewährleistet. Das neue Gesetz ist ein Verrat an der universalistisch-feministischen Frauenbewegung und ihrem langen mühevollen Kampf um die Gleichstellung. Es diskriminiert die Mehrheit der Gesellschaft und öffnet Missbrauch von Mädchen und Frauen Tor und Tür. Auch gegenüber pubertierenden Kindern, vor allem Mädchen sind die queeren Forderungen von einer großen Verantwortungs-losigkeit gezeichnet. Mitten im Prozess der Identitätsfindung und hormonellen Heranreifens Teenagern Pubertätsblocker zu geben, Geschlecht als etwas Beliebiges wählen zu lassen; Drag Queens in Grundschulen, Masturbationsräume und Kuschel-höhlen in Kitas. Brauchen wir so etwas?
Die Bundeszentrale für Politische Bildung meint: ja. Sie stellt Projekte vor, die das Thema „trans“ an Kitas, Grund- und weiterführenden Schulen aus queertheoretischer Sicht vermitteln sollen. Queere Prämissen stellt sie als Fakten dar, Forderungen von TransaktivistInnen als Fortschritt und jegliche Kritik daran als regressiv. Hinter dem Gesetz steckt eine aggressive Trans-Gender-Ideologie, die durch die in Brüssel ansässige Lobby-Organisation „International Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender, Queer & Intersex Youth Organisation“, kurz IGLYO forciert wird. Sie hat einen Leitfaden mit dem Titel „Only Adults?“ publiziert, in dem detailliert aufgezeigt wird, wie die Agenda zu realisieren ist. Sie hat potente Finanziers wie die Pharmakonzerne Thomson Reuters und Ferring, welche Pubertätsblocker produzieren und dient der Manipulation und Indoktrination von Kindern und Jugendlichen. Das Gesetz schafft beste Rahmenbedingungen für die Nutzung dieser vulnerablen Personengruppen als Versuchskaninchen, während die Pharmakonzerne die wahren Profiteure sind.
In den Augen des biblischen Gottes bzw. Jesu haben Kinder hingegen einen sehr hohen Stellenwert und der Kinderschutz liegt Jesus ganz besonders am Herzen, wie man bei Mt 18:1-10 nachlesen kann. Jesus mahnt hier mit deutlichen Worten, dass man den Kleinsten auf gar keinen Fall etwas Schlimmes antun darf und appelliert an die Unversehrtheit von Körper und Seele bei Kindern, womit er ihnen ihre Würde zuspricht. In Vers 3 kommt ein weiterer Aspekt zum Ausdruck. Jesus sagt:“Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht ins Himmelreich hinein-kommen.“ Und in Mk 10:15: “Lasst die Kinder zu mir kommen, denn ihnen ist das Reich Gottes. Wer das Reich Gottes nicht aufnimmt wie ein Kind, wird nicht hinein-kommen.“ Das Wesen des Kindes – unbefangen, unschuldig, neugierig, offen – stellt die Freiheit in den Fokus der heilbringenden Erlösung. Die Freiheit, sich und die Welt und andere zu entdecken mit der Unvoreingenommenheit eines Kindes. In Bezug auf das SBG klingt der Gedanke, dass Pubertierende über die Freiheit, selbstbestimmt ihr Geschlecht wählen oder sogar zu Pubertätsblockern greifen können, so gesehen positiv. Doch sollte auch die Frage gestellt werden, was die jungen Menschen nebst Freiheit noch brauchen und ob ein solch liberales Gesetz die Rahmenbedingungen schaffen kann, um ihnen ein Leben in Würde zu gewährleisten. Sie brauchen nämlich auch Orientierung, Beratung, Hilfestellung, gute Vorbilder und klare Grenzen gerade in der Phase der Identitätsfindung. Die Bibel leistet dies z.B. in der Gabe der Zehn Gebote, der Bergpredigt oder in Bezug auf die Geschlechter, deren es gemäß Mk. 10:6 nur zwei- und nicht, wie von Trans-AktivistInnen gefordert, 72 - gibt. „Am Anfang der Schöpfung hat Gott sie (die Menschen) als Mann und Frau geschaffen.“ Womit ich auf die zweite vulnerable Gruppe zu sprechen komme: die Frauen.
Der Blick Jesu auf Frauen ist stets respekt-, liebe- und würdevoll. Ein paar Beispiele: „Wer eine Frau ansieht, um sie zu begehren, der hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen“ (Mt.5:28). Jesus sieht den Wert, die Würde der Frau, indem er die Männer ermahnt, ihren Sexualtrieb zu kontrollieren und die Frau nicht zum Lust- und Sexobjekt zu degradieren. Jesus schützt die Frauen!
In Joh. 16:21 kommt Jesu Einfühlungsvermögen in die weibliche Biologie bei der Geburt eines Kindes zum Ausdruck. „Wenn eine Frau gebiert, so hat sie Traurigkeit, weil ihre Stunde gekommen ist; wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, dass ein Mensch in die Welt gekommen ist.“ Was für eine Wertschätzung! Anmerkung: die neue, von Trans-AktivistInnen propagierte Sprache vermeidet jegliche Bezugnahme auf Begriffe wie „Frau“ oder „weiblich“ und ist somit ein anti-feministisches Neusprech. Begriffe wie „schwangere Personen“, „gebärende Eltern“, „Uterus-Besitzer“, „entbindende Personen“, „Menstruierende“ suggerieren den biologischen Frauen, dass sie doch bitte schön ihre Mutterschaft ächten und sich nicht auf ihr Baby freuen sollen. Denn die für die Frau charakteristische Schwanger- und Mutterschaft könnte die Gefühle von Trans-Frauen verletzen. Während das queertheoretische Geschlechterkonstrukt Frauen entwürdigt, gibt Jesus mit seinen Worten ihnen ihre Würde zurück.
Menstruation war zu Jesu Zeiten ein mit Scham behaftetes Tabuthema. Die Frauen galten als unrein. Und doch lässt Jesus sich von einer „blutflüssigen Frau“, also einer Frau mit extremen Monatsblutungen berühren (Mt. 9:18) und heilt sie. Das ist Liebe. Jesus bricht das Tabu, weil er den notleidenden Menschen in der Frau sieht. Auch von einer „Sünderin“ (Lk. 7:36-50) lässt er sich berühren, und zwar sehr intim. Sie küsst ihm die Füße, gießt aus der Alabasterbox Öl über sein Haupt. Er erwidert diese Geste liebevoll und zärtlich, spricht ihr Vergebung zu und zeigt ihr, wie wertvoll sie als Mensch ist.
Was vom Gesetzgeber und den Trans-Ideologen als Erweiterung des Frauenbegriffs dargestellt wird, ist in Wahrheit seine Zerstörung mit dem Mittel der Entgrenzung. Und diese bringt Chaos und Verwirrung mit sich. Die völlige Liberalisierung dessen, was man Selbstbestimmung nennt, per Gesetz, bedeutet eine Auflösung gesunder Grenzen. Gerade Kinder als Schutzbefohlene und Frauen, vor allem traumatisierte Frauen brauchen aber gesunde Grenzen. Ich frage mich, wie es sein kann, dass ein Gesetz verabschiedet werden darf, das diese Personengruppen nicht schützt?
Birgt es nicht gar eine Verletzung der Menschenwürde in sich? Meiner Ansicht nach kann ein Leben in Würde gelingen, wenn man es nach Gottes Wort ausrichtet, wo jeder Mensch Orientierung, Klarheit und Sicherheit findet. Wir können beten, dass der HERR Politiker in Entscheidungspositionen bringt, deren Handeln von der „Furcht Gottes“ bestimmt wird (2. Sam 23,3-4).
Sandra Ney, am 07. Oktober 2024
Wo Eltern Hilfe bekommen können (Initiativen):
Parents of ROGD Kids (in Englisch) www.parentsofrogdkids.com
Trans Teens Sorge Berechtigt (in Deutsch) www.transteens-sorge-berechtigt.net
Genspect – A Voice fpr Parents with Gender-Questioning Kids www.genspect.org
Feministische Initiativen / Hilfe für Frauen:
Fair Play für Frauen www.fairplayfuerfrauen.org
Geschlecht zählt www.geschlecht-zaehlt.de
Quellen meiner Recherche:
Till Randolf Amelung: Transaktivismus gegen Radikalfeminismus. Gedanken zu einer Front im digitalen Kulturkampf, Querverlag, Berlin 2022
Marion Felder/Bernd Ahlbeck: Geboren im falschen Körper? Gender-Dysphorie bei Kindern und Jugendlichen, Kohlhammer, Stuttgart 2022
Abigail Shrier: Irreversible Damage: The Transgender Craze Seducing our Daughters, Regnery Publishing, Washington 2020
Alice Schwarzer und Chantal Louis: Transsexualität – Was ist eine Frau? Was ist ein Mann?, Eine Streitschrift, KiWi, 2022
Die affirmative sicht ...
„If you don´t like gay marriage, don´t get gay married!“ las ich vor Jahren. Diesen Ratschlag kann man meiner Meinung nach genauso für das Gesetz zur Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) geben. Ähnlich wie bei der Einführung der Ehe für Alle gibt es auch hier viel Protest, der von falschen Behauptungen begleitet wird.
Das SBGG löst das Transsexuellengesetz (TSG) ab. Zusätzlich ersetzt das SBGG die Regelung im Personenstandsgesetz, die es seit 2018 intergeschlechtlichen Menschen ermöglicht beim Geschlechtseintrag zwischen „weiblich“, „männlich“ oder „divers“ zu wählen oder die Angabe offen zu lassen.
Intergeschlechtliche Menschen haben Geschlechtsmerkmale, die sich nicht nur männlich oder nur weiblich einordnen lassen. Diese Variationen können bei der Geburt oder erst später sichtbar werden. Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass der Anteil an Personen mit angeborenen Variationen der Geschlechtsmerkmale zwischen 0,02% und 1,7% liegt. Je nach Studie lässt sich also etwa jeder tausendste Mensch nicht biologisch eindeutig dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuordnen. Wer bei dieser Diskussion die Bibel bemühen möchte, argumentiert vielleicht mit Gen 1,27 „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild […] Als Mann und Frau schuf er sie.“ Die Einheitsübersetzung ist hier allerdings ungenau. Im hebräischen Text steht nicht „Mann“ (vya – isch) und „Frau“ (hva – ischah ), sondern rkz – sachar und hbqn – neqevah, was besser mit „männlich“ und „weiblich“ übersetzt werden sollte.1 Zu bedenken bleibt aber vor allem, dass die Bibel in einem bestimmten historischen Kontext entstanden ist. „Die Hebräische Bibel kennt wie die gesamte Antike das heutige Konzept von Homosexualität nicht und behandelt nicht die Frage sexueller Identität oder Orientierung.“2
In der Vergangenheit wurden inter*Menschen häufig bereits im Säuglings- oder Kindesalter operiert oder medikamentös behandelt, um sie geschlechtlich „eindeutig“ zu machen, mit schweren körperlichen und seelischen Folgen für die Betroffenen.
Transgeschlechtliche Menschen identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei ihrer Geburt zugewiesen wurde. Der Begriff „transsexuell“ ist falsch, da es nicht um die Sexualität (z.B. Hetero- oder Homosexualität) geht, sondern um das Geschlecht.
Erst seit 1980 gibt es für transgeschlechtliche Menschen durch das TSG die Möglichkeit, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern. Das TSG musste mehrfach geändert werden, nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hatte, dass es die Grundrechte verletzt. So durfte man in der Version bis 2008 nicht verheiratet sein bzw. musste sich scheiden lassen. Bis 2011 musste man fortpflanzungsunfähig sein und sich sterilisieren lassen, um seinen Geschlechtseintrag ändern zu können. Bis zur Ablösung durch das SBGG mussten trans*Menschen zwei Gutachten von Mediziner*innen oder Therapeut*innen vorlegen. Damit wurde Transgeschlechtlichkeit pathologisiert. Zudem ging diesen Gutachten oft ein monatelanger und demütigender Prozess voraus, bei dem nicht selten sehr intime und grenzüberschreitende Fragen beantwortet werden mussten.3
Das SBGG beendet also ein entwürdigendes Verfahren. Dabei betrifft es allein die Änderung des Geschlechtseintrages und des Vornamens. Medizinische Maßnahmen werden nach wie vor durch fachmedizinische Prüfkriterien geregelt. Minderjährige ab 14 Jahren dürfen die Erklärung zum Änderungsantrag zwar selbst abgeben, sie benötigen aber die Zustimmung ihrer Sorgeberechtigten.
Schauergeschichten, nach denen sich Sexualstraftäter durch das SBGG Zugang zum Gefängnis ihrer Wahl verschaffen, entsprechen nicht der Wahrheit, denn das SBGG trifft keine Regelung über den Strafvollzug. Bei der Frage nach der passenden Unterbringung sind immer die Sicherheitsinteressen aller Inhaftierten zu berücksichtigen.4 Die Soziologin Villa Braslavsky stellt fest: „Es wird trans Personen all das 'Böse' unterstellt, was vor Jahrzehnten beispielsweise den Schwulen unterstellt wurde, nämlich kriminell-perverse Energie; sie werden als Sexmonster karikiert. Das ist auch angesichts der realen Fakten rund um sexualisierte Gewalt total abwegig. Wir wissen, dass diese vor allem im Nahbereich, in Partnerschaften, in den Familien stattfindet, oder in abgeschotteten Organisationen wie Kirche oder Vereine. Die Sauna oder der Frauenraum zählen eher nicht zu den Gewalt-Hotspots.“5 Hier findet eine Täter-Opfer-Umkehr statt. Studien belegen, dass trans*Menschen in vielen Bereichen des Lebens besonders von Übergriffen und Gewalt bedroht sind.
Ich würde mir wünschen, dass sich die Kirche in ihrer Nachfolge Jesu auf die Seite der Schwachen und Ausgegrenzten stellt und sich gegen die Diskriminierung und erst recht gegen die Kriminalisierung von inter*- und trans*Menschen stellt. Ich fordere nicht, dass sich jede*r mit dem Thema beschäftigen muss. In Anlehnung an den eingangs erwähnten Spruch möchte ich schließen: „Wenn dir das Ändern des Geschlechtseintrages nicht gefällt, dann ändere deinen Geschlechtseintrag nicht!“
Eva Schreich, November 2024